Es ist Freitag. Die Woche neigt sich dem Wochenende und eine turbulente Woche liegt hinter mir. Die Woche war extrem lehrreich, wenn auch anstrengend. Immerhin bin ich einen Rummel in dem Ausmaß nicht gewohnt. Aber auch daran werde ich mich gewöhnen müssen, denn die Fäkalwindhosen-Meinung ist der 2. Artikel (nach dem Twitter-ZDF Artikel) in 6 Wochen, der über 500 Mal geteilt worden ist. Ich bin da jetzt nicht so böse drum 😉
Es fing alles harmlos an. Das Thema der 4 Like-Ereignisse war schon einige Tage im Gespräch. Es wurde wild diskutiert über Ursachen, Erzeuger, Auswirkungen. Dies tat ich auch Montag Abend mit @Christian_Henne und @kevdamerow auf Twitter. Es war ein angeregtes Gespräch, ich hätte ein Thema für den Blog. Super.
Ich setzte mich Dienstag Morgen also hin und schrieb, wie ich es nun mal beim Bloggen tue, meine Gedanken nieder. Ich weiß nicht wieso, mir fielen Parallelen in den Zeitläufen der Kommentaren auf. Ich checkte meinen Eindruck, was denn so gleich ist. Außerdem machen sich Bilder in einem Blogartikel einfach gut. Ich schrieb also: „Ich bin der Meinung, dass die 4 Klickereignisse mit Nachhilfe initiiert worden sind.“ Der Rest ist Geschichte.
In 4 Wellen
Der Erfolg(?) des Artikels kam in 4 Wellen. Während ich mich Dienstag noch über wesentlich mehr Traffic wie sonst freute, kamen Mittwoch (Fach)Presse und spätestens damit auch die digitale Steinigung.
Die erste Welle war initial erzeugt worden – mein Umfeld teilte den Artikel schnell. Ich war soweit zufrieden, denn ich möchte ja gelesen werden. Die Trolle fingen an sich Anonym auszutoben, die Beleidigungen werde ich sicher mal in einer amüsanten Barcamp-Session verarbeiten. Die Rhein-Zeitung hat Christian Henne interviewt und mir ebenfalls einen Absatz gewidmet.
Falk Hedemann (@wissenssucher) widmet sich Mittwoch ausführlich in der T3N dazu, was Jens Wiese auf allfacebook.de ebenfalls veranlasst, sich dazu zu äußern. Die W&V veröffentlichte ein Interview mit Christian Henne und hatte mich bereits in einem Artikel von Dienstag Mittag verlinkt. Die Dämme fingen an zu brechen, denn so viele spannende Werbethemen gibt es z.Zt. auch nicht. Mein Name ist in dem Artikel erwähnt. Das ist nicht irrelevant, denn ich kenne einige Leute, die die W&V lesen – mich dort aber nie erwarten würden (Ich mich ja nun auch nicht). Das Telefon klingelt „Hey, ich hab dich in der W&V gelesen„. Es folgten noch einige Nachrichten, während ich gleichzeitig mit einigen Unternehmensvertretern sprach, um mal seine Meinung auszutauschen. Natürlich per Telefon – alles dementierbar (haha!), danke für die Gespräche.
Gegen Nachmittag brach mein trautes, virtuelles Heim langsam zusammen. Die DuMont-Verlagsgruppe ist auf das Thema aufmerksam geworden. Sie verwerteten den Artikel gleich 3x (gleicher Text) im Express, Berliner Kurier als auch der Hamburger Morgenpost. Zwischendrin fand das Thema auch bei Focus Online statt. Ich bin zu dem Zeitpunkt stehend K.O., ein Gefühl zwischen kraftraubend und Jubeltaumel. Ich kann gar nichts anderes behaupten als stolz wie Oskar zu sein.
Gewitter zieht auf
Am Mittwoch Abend ziehen dunkle Wolken auf. Es gibt einen Bericht über die 4 Userbeiträge. Die tagesWEBschau verdächtigt dabei eine Berliner Agentur. Es ist überraschend, wie das Thema aufbereitet wird und wie ein Verdacht ausgesprochen wird. Es wird nochmal Öl ins Feuer gegossen. Mir ist es inzwischen völlig gleichgültig, wer es gewesen sein könnte. Ich bin müde, ich bin abgekämpft.
Ich habe den Tag damit verbracht in den Netzwerken, die Kommentare zumindest zu lesen. Es waren einige Hunderte. Bei Facebook-Freunden, auf Fanpages, Google+, Blogs. Ich habe Recht, Unrecht, könnte Unrecht haben, ich bin ein Spinner. Am Witzigsten finde ich aber den „Wichtigtuer“, als ob ich diese Aufmerksamkeit steuern könnte. Die Reizüberflutung ist weit fortgeschritten und mit kühlem Kopf hätte ich ohnehin nicht mehr reagieren können, daher entschließe ich mich den Rest einfach vorbei rauschen zu lassen.
Es ebbt langsam ab
Am Donnerstag legt sich die Meute langsam. Die Agentur äußert sich zu den Vorwürfen aus der TagesWEBschau. Die WeShitTheStorm-Satire Seite gehört einem Mitarbeiter, die er in Eigenverantwortung ins Leben gerufen hat. Ich bekomme E-Mails, DMs, Nachrichten – was ich dazu sage, was ich davon halte. Ich lehne alles zu dem Thema ab. Es ist nicht mein Thema. Es interessiert mich auch nicht. Den Shizzle sollen ARD und TLGG unter sich aus machen. Am Ende werde ich sowieso daran Schuld sein – irgendwie für irgendwen. Irgendjemand wird Hitler rufen, hungernde Menschen in Afrika anführen oder mit mir einfach 1:1 aus debattieren wollen, wieso ich nicht Recht haben kann. Dabei schrieb ich bereits Dienstag, dass es völlig ok ist, wenn jemand anderer Meinung ist. So ist das eben mit Meinungen, die gehen manchmal ziemlich weit auseinander. Das ist doch ok, oder nicht? Für mich schon.
Ich bin kein Berater
Eines möchte und muss ich aber noch klarstellen. Ich habe keinen Vorteil im geschäftlichen Sinne hieraus. Ich bin kein Berater, der auf Kundenfang damit wäre. Ein Blick in mein XING-Profil zeigt: Ich suche einen neuen Arbeitgeber.
Das heißt nicht, dass ich mit meinem Arbeitgeber nicht zufrieden wäre. Ich habe schlichtweg keinen. Es gibt daher auch Nichts und Niemanden, der aus der Geschichte euch das Wasser abgraben könnte. Klingt blöd, ist aber so.
Die nächsten Tage
Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Ich rechne bis Montag mit den letzten „Warum man Shitstorms nicht manipulieren kann/ nicht kaufen kann„-Artikel und danach ist das Thema hoffentlich durch. Bis dahin werde ich Interview- und Gastartikelanfragen sondieren und endlich mal wieder eine Runde kicken gehen. Kreisklassen-Fußball wie man das auf dem platten Land so macht. Ich werde mir meine Gedanken machen müssen, wo ich nun stehe und welche Auswirkungen dieser Hype hinterlassen hat.
Vielleicht trage ich bereits eine größere Verantwortung als mir selbst bewusst ist. Es ist zu früh um ein Resümee zu ziehen. Ich werde daran sicher wachsen. Ich werde deswegen aber nicht meine Meinung ändern. Fürs Erste kann ich den „Mist“ aber nicht mehr hören (ich kann es mir so oder so nicht aussuchen).
Ich bedanke mich an dieser Stelle abschließend bei allen, die mir diese Woche beschert haben. Den Fürsprechern, den Kritikern, den Trollen mit ihren Beleidigungen. Es wird mir eine schöne Erinnerung bleiben.
Lieber Kai! Ich fange von hinten an 🙂
NEIN, Du wirst hoffentlich Deine Meinung nicht ändern! NEIN, Du wirst auch hoffentlich aufhören, Deine persönliche Meinung kund zu tun – egal was welche Trolle auch immer so von sich geben!
Denn es war unglaublich interessant, welche Wellen Deine Überlegung ausgelöst hat. Der Ganze Vorgang war bemerkenswert, sogar wenn man nicht allen Thesen zustimmen wollte. Ich persönlich gratuliere Dir zu dieser journalistischen „Tat“. Aufgabe eines Journalisten oder Autors oder was auch immer sollte ja sein, Diskussionen in gang zu setzen und Aufmerksamkeit zu generieren,
Genieße es, denn auch Trolle muss man sich verdienen ebenso wie öffentliche Aufmerksamkeit, noch dazu wenn sie nicht geplant sein konnte. Weiter so, möchte man da sagen.
Eigentlich hast Du es in der Überschrift schon wunderbar auf den Punkt gebracht — und dazu noch in zweifacher Hinsicht: Phänomene á la Shitstorm verschwinden meist schneller, als sie gekommen sind. Nachwirkungen: so um die Null.
Und exakt genau so wird es kommen.
Na dann gratuliere ich dem unerschrockenen Shitstormjäger mal zum hoffentlich gut überstandenen Webpromi for one day-sein. 😉
Ich hatte den Artikel damals auch gelesen, fand die Argumente für einen künstlich erzeugten Shitstorm jetzt nicht so überzeugend, was aber nicht heissen muss, daß es nicht doch so gewesen sein könnte.
Zu einer guten Diskussion gehört immer, daß man verschieden Ansichten zulässt und sich keine Denkverbote auferlegt, auch wenn man nicht immer recht haben kann.
Ansonsten wünsche ich wo ich grade schon mal hier bin viel Erfolg bei der Jobsuche! 🙂
Erstmal herzlichen Glückwunsch 🙂 Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Welle an Aufmerksamkeit einerseits sehr schön ist und andererseits auch ermüdend sein kann. Genieß es, es war ein guter Artikel, mit einer interessanten Analyse.