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Mit einem Fremden durch Paris

Seit meinem ersten Besuch in Paris im vergangenen Jahr, hat sich die Stadt zu einem guten Spontan-Reiseziel entpuppt. Ich war inzwischen viermal in der Stadt, denn der Thalys bringt einen in 3:15 in die Metropole. Doch dieser Kurztrip sollte anders werden als geplant.

Als ich mich Samstagmorgen auf den Weg machte, um mich dem Abenteuer Fotografie zu widmen, ahnte ich nicht, welch Überraschung der Tag für mich parat hatte. Mein Plan sah es vor, Fotos mit einer 30mm Festbrennweite zu machen. Ich hatte kein anderes Objektiv eingepackt. Die Empfehlung nur eine Festbrennweite mitzunehmen kam vom Stilpirat im vergangenen Jahr. Ich traute mich endlich, aber in Paris konnte nichts schief gehen. Ich habe bereits 2 Fotos aus Paris an der Wand hängen. Nachdem ich eine Woche zuvor in Brüssel nur wenige verwertbare Bilder mitbrachte, hatte ich mir für Paris keine Ziele gesetzt.

Das Moulin Rouge in Paris gehört zu den meist besuchtesten Sehenswürdigkeiten
Das Moulin Rouge in Paris gehört zu den meist besuchtesten Sehenswürdigkeiten

Mein Hotel lag in unmittelbar Nähe des Moulin Rouge. Von dort aus mache ich mich auf zur Sacré-Cœur de Montmartre, da ich noch nicht einchecken konnte. An der Sacré-Cœur angekommen, bin ich ins Netz eines Touristen-Abzocker getappt. In einem Moment der Unachtsamkeit hatte ich ein Stück minderwertigen Faden am Handgelenke, mit den Worten »Hakuna Matata, it will bring you luck and your family too. Where is your Girlfriend?«. Das ging ja schon gut los. Der fliegende Händler wollte für seine Minute Entertainment 5 oder 10 Euro haben. Das war der Moment, wo ich meine freundliche aber bestimmende Art zum Vorschein brachte. Ich bot ihm einen Euro an. Er war nicht sehr erbaut darüber, aber mein »Are you fucking kidding me?« war deutlich genug, was ich von seinen Preisen hielt. Ich passierte mit meinem neuen Glücksbringer die Straße und setze mich auf die Treppen der Basilika, um den Ausblick über Paris zu genießen. Immerhin gilt der Montmartre als schönster Ort in Paris, da man von dort aus die Basilika nicht sieht.

Die Aussicht vom Montmartre in Paris kann sich sehen lassen
Die Aussicht vom Montmartre in Paris kann sich sehen lassen

Das Foto

Ich saß keine 2 Minuten und war dabei Touristen zu fotografieren – vorwiegend mit ihren Handys und Kameras. So auch ein junger Inder, auf dessen T-Shirt stand »Simple is better than complex« – was ich für einen gelungenen Design- und Entwicklungs-Gag halte. Die Fotos waren gemacht und wir kamen ins Gespräch, dass wir beide alleine reisten. Wir beschlossen, uns Basilika gemeinsam anzusehen und im Anschluss die Kuppel zu besteigen. Ein Schild wies uns darauf hin, dass es bis oben 300 Stufen seien. Danke für Nichts.

Für Unterhaltung ist rund um die Sacre Coeur gesorgt
Für Unterhaltung ist rund um die Sacre Coeur gesorgt

Ein paar Runden um die Kuppel und 12 Touri-Fotos später standen wir wieder vor der Sacré-Cœur. Irgendwie war uns beiden klar, dass sich unsere Wege hier noch nicht trennen würden. Adwait war das erste Mal in Paris und ich hatte so absolut nichts vor. Ich erklärte ihm, dass ich gern ins Ausland fahre, um eine andere Sprache zu hören und andere Gerüche wahrzunehmen. Und das ich es wichtig finde, wenigstens oberflächlich in andere Kulturen zu schauen, da es unheimlich den Horizont erweitert. Adwait stimmte zu und erzählte über die bereits besuchten Orte, die er für die Arbeit besuchte. Nachdem er bis auf den Mond scheinbar schon überall gewesen ist, fragte ich ihn, was er beruflich mache. Er arbeitet als Doktorant, wie sich später herausstellen sollte. Computer Science – Klischeehaft für einen Inder, wie Adwait selbst betont. Ich schlug im als Alternative Call Center Agent vor, und imitierte mit einem miserablen indischen Fake-Akzent: »Hello Mister – keeeppp calm. Keep calm. I’m online the hotline«, und wackelte dabei übertrieben mit dem Kopf. Adwait verstand meinen politisch inkorrekten Witz und musste lachen.

Moulin Rouge, Arc de Triomphe, Champs-Élysées

Im Gegensatz zu mir war mein Weggefährte etwas vorbereitet. Er hatte eine Liste mit Dingen, die er auf jeden Fall sehen wollte. Dank Roaming hatte ich Datenvolumen und konnte uns durch die Stadt navigieren bzw. die Metro-Verbindungen raussuchen. Wir fuhren vom Montmartre, Richtung Blanche. Blanche ist die Metro-Station für das Moulin Rouge oder wie Adwait es ausdrückte: An old Windmill. Unsere Reise setze sich fort, eigentlich waren wir auf dem Weg zum Eiffelturm, entschieden uns aber spontan, am Arc de Triomphe auszusteigen. Adwait machte Fotos vom Triumphbogen, ich machte Fotos von Adwait und wir machten weitere Fotos von anderen Touristen. Als alle Bilder im Kasten waren, führte uns der Weg über die Champs-Elyssée.

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Die Champs-Élysées – also die 5the Avenue von Paris, erklärte ich Adwait, so gut ich konnte. Denn er hatte so viele Fragen auf Lager, dass ich desöftern mit einem »Oh – I don’t know« oder »Well… I forget it« antworten musste. Die Champs-Élysées mussten wir dann noch mal zurückgehen, da ich Briefmarken für Postkarten benötigte. Briefmarken gibt es in Paris entweder im Tabakladen oder in der Post. Blöd ist nur, wenn beides geschlossen hat, weil montags Feiertag ist. Eine Dame an einem der Pressebuden konnte mir weiterhelfen, dass in der Rue Washington ein Tabakladen offen hätte. Wir wurden fündig.

Zurück auf die Champs-Élysées Richtung Place de la Concorde, wo ich Adwait die Aussprache von Champs-Élysées näher brachte. Wir gönnten uns einen Crêpes, um auf einer Wiese über die Transformation der Gesellschaft durch künstliche Intelligenz zu sprechen. Adwait behandelt in seiner Doktorarbeit das Thema der zukünftigen User Interfaces. Ein angeregtes Gespräch, welches in den Herausforderungen unserer Zeit endete.

Place de la Concorde & Louvre

Den Place de la Concorde und die Geschichte der Guillotine hinter uns gelassen, schritten wir durch den Jardin des Tuileries. Angekommen am Arc de Triomphe du Carrousel und der Pyramide des Louvre waltete ich meines Amtes: Von Adwait Touristenfotos machen, die er seinen Eltern schicken kann. Er witzelte schon ein wenig darüber, da ich inzwischen weniger Versuche benötigte, um ein gescheites Fotos nach seinen Vorstellungen zu machen. »Oh, that’s great. You know me very well. You’re experienced in this field« – Ich erwiderte, dass ich auch nicht mehr mit seiner Kamera und seinem Rucksack weglaufen würde. Ich deutete dies im Laufe des Tages mit den Worten »It was nice to meet you« und einer Drehbewegung der Schultern an.

Am Louvre nahmen wir eine kurze Pause und resümierten, dass Paris eine schöne Stadt ist. Ironischerweise zeigen Paris schönste Orte ihren Glanz, wenn man nicht dort ist. So dass man z.B. Abends eher auf den Triumphbogen geht, anstatt auf den Eifelturm. Denn wer auf dem Eifelturm ist, kann man selbigen nicht am Abend / bei Nacht sehen. Diese Binsenweisheit lässt sich auf viele Sehenswürdigkeiten der Stadt reproduzieren.

Erinnerungsselfie: Adwait und meine Wenigkeit
Erinnerungsselfie: Adwait und meine Wenigkeit

Burger essen in Paris

Wir entscheiden, dass wir erst etwas Essen und dann zum Eiffelturm fahren, bzw. zur Trecodéro-Metro Station. Beides eine Empfehlung seiner Kollegen. Essen waren wir in einem Burgerladen, der auf seiner »Must have«-Liste stand. Irgendwo in Paris (Rue Oberkampf) gibt es einen unscheinbaren aber hippen Burgerladen: Paris New York Oberkampf. Unser Fazit: Kann man, muss man aber nicht. Die Rue Oberkampf ist etwas abseits des Touristenzentrums, was man schnell merkt, da der Burgerladen nicht wirklich auf Touristen eingestellt ist. Ist ja kein Problem für mich, ich bestelle einfach das Bier, welches den wohlklingensten Namen hat. Welche Wahl habe ich als Marketeer auch?

Blanche de Namur, das wohlklingenste Bier im Paris New York
Blanche de Namur, das wohlklingenste Bier im Paris New York

Eiffelturm

Wir machen uns nach dem Essen auf zu unserer letzten Station: Dem Eiffelturm. Wie es sich für Touristen gehört, fuhren wir die Metro-Station Trocadéro an. Der Name der Metro-Station erinnert an den Palais du Trocadéro. Man hat von dort einen Ausblick auf den Eiffelturm und kann ihn über den Jardins du Trocadéro (das Wasserbecken, wo man von oben draufschaut) gut zu Fuß erreichen. Genau dies machten wir dann, nachdem ich … genau, ein paar Fotos von Adwait gemacht hatte. Ich nahm bei einem Straßenhändler ein wenig Reiseproviant mit und wir schlenderten durch den Jardins du Trocadéro, wo noch Leute in dem Fontainenbecken schwammen.

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Wir hielten auf der Pont d’Iéna (Brücke zwischen Trocadéro und Eiffelturm) und schauten dem Hütchenspieler zu. Eigentlich war es eine Bande und wir wiesen den Protagonisten Rollen zu. Ein Jugendlicher hinter dem Hütchenspieler telefonierte permanent. Er versteckte die Hütchen immer in einer Eisverpackung, wenn scheinbar Polizei in der Nähe zu sein schien. Am Spiel selbst nahmen 4 Spieler teil. Man hätte vermuten können, dass zwei aus Italien kommen, eine Dame aus dem Ostblock und ein Franzose. Witzigerweise zeigten vier Spieler keinerlei Reaktion, als sie 50 Euro verloren oder eben 50 Euro gewannen. Wir waren uns sicher, dass es nur Zufall war, dass alle nur 50 Euro-Scheine im Portemonnaie hatten.

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Während unserer Beobachtung band ich Adwait ein Armband um, was ihm seine Schwester mitgegeben hatte. Es war Geschwister-Festival in Indien und er müsse ihr noch ein paar Fotos schicken, dass er es auch getragen hat. Er witzelte, dass ich ja nun Erfahrungen mit Armbändern hätte und deutete auf den Touristenschreck vom Mittag hin.

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Wir verweilten noch bis nach 23 Uhr am Eifelturm, bis wir uns Richtung Bir Hakeim aufmachten. Dort sollte sich unser Weg trennen. Adwait musste endlich im Hotel einchecken und ich hatte noch ein bisschen Weg vor mir. Wir schlossen uns auf Facebook zusammen mit der Abmachung, dass wir uns in Europa, den USA oder Indien wiedersehen werden. Je nachdem, wer wo gerade ist.

Ich werde mich noch an diesen Tag mit diesem Fremden erinnern. Danke Paris. Danke Adwait.

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