Der OTTO-Konzern hat in der vergangenen Woche auf Facebook den F-Commerce neu definiert. Die Tatsache, dass Otto F-Commerce für sich entdeckt hat, ist auf den ersten Blick nicht weiter erstaunlich. Diesen Prozess allerdings mit Augmented Reality und spielerischen Elementen zu garnieren, lässt das Unternehmen zweifelsfrei mindestens zwei Schritte voraus sein.
„Wenn es für deine Branche bereits ein Beispiel gibt, bist du zu spät“, heißt es in einer Marketingfloskel. OTTO hat es mit der virtuellen Anprobe erneut geschafft, ein solches Beispiel zu liefern. Denn nach wie vor gilt das Verhalten beim Fotowettbewerb 2010 als beispielhaft. Damals gewann Sascha Mörs verkleidet in Damenkleidung als »Der Brigitte« den Wettbewerb. Gegen alle Erwartungen hatten die Hamburger den Gewinn gelten lassen, und die männliche Brigitte zum Fotoshooting eingeladen. Diese Aktion wird auch im aktuellen HowTo-Video angeschnitten.
Nun bringt man Augmented Reality in die heimischen Stuben der Republik. Diese Technik ist nicht unbekannt, jedoch war Sie bisher in der Regel Smartphone-Besitzern vorbehalten. Sie schaffen es auf diese Weise nicht nur als innovativ zu gelten, sondern ganz nebenbei auch noch Umsatz zu generieren. Neben dem Ausprobieren, ob die Technik denn so funktioniert wie sie sollte, kann ich mir auch gut den Spontankauf an einem langweiligen Abend mit der besten Freundin vorstellen.
Man hat in diesem Beispiel sehr gut verstanden, dass nicht das direkte Anvisieren eines Verkaufs zum Ziel führen wird. Es ist auch selbstverständlich, dass die Technik noch nicht als naturgetreu angesehen werden kann. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass man sich damit die Zeit vertreiben kann. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein Zeitfresser, könnte sich als genialer Zug entpuppen. Denn selbst wenn eine Konsumentengruppe vorerst kein Kaufabschluss, sondern die Technologie nur spielerisch genutzt wird, so beschäftigt der Kunde mit der Marke OTTO ausgiebig und freiwillig.
Dieser spielerische Ansatz wird durch die Galeriefunktion verstärkt. Sie scheinen hier aus dem Bereich des Social Gaming gelernt zu haben. Verständlicherweise wird es auch Nutzer geben, die mit dieser Technik nichts anfangen können. Bleibt man auf der Plattform Facebook, heißt es ja auch nicht, das 800 Millionen Menschen Farmville spielen.
Neben den entwickelten Technologien, die nun bereits im Shop-System integriert sind, werden auch der Vorsprung zum Wettbewerb weiter vergrößern. Denn während in den meisten Vorstandsetagen noch darüber diskutiert wird, wann dieser Trend denn endlich vorbei sein wird, ist das Hamburger Unternehmen nicht nur dabei, sondern vorne weg.
Es darf also mit Spannung darauf geblickt werden, wie sich die Geschäftszahlen bezüglich Facebook entwickeln werden. Ich hoffe die Zahlen entwickeln sich so positiv, dass sich heutige Zweifler einfach fragen: »Warum machen wir das nicht auch?«
Die Frage, die ich mir bei der virtuellen Anprobe stelle ist, ob der Kunde wirklich schon so weit ist sich mit solchen Technologien zu befassen und letztendlich ein Produkt zu kaufen.
Dass Auto in Sachen neuen Trends und Entwicklungen Vorreiter ist, möchte ich auch gar nicht widerlegen. Aber wenn sich gerade mal 9 von knapp 300.000 Fans auf der Otto-Seite für die Anprobe entschieden haben, dann gewinne ich den Eindruck, dass hier etwas mit der Interaktion auf der Fanpage nicht stimmt. Entweder der normale Facebook User ist noch nicht so weit, sich mit solchen „modernen“ Techniken auseinander zu setzen oder es handelt sich hierbei um Fans, die wenig bis gar kein Interesse an der Marke Otto haben.