Der geschätzte Martin Weigert schrieb einen Artikel darüber, dass TechBlogs damit beginnen ihre RSS-Feed zu kürzen. Dies ist eine Überlegung, die nicht nur TechBlogs betreffen, sondern irgendwann sieht sich jeden Blogger mit dieser Frage konfrontiert. Mich hat die Frage nicht nur ein Mal beschäftigt.
Der RSS-Feed ist ein wenig Fluch und Segen zugleich. Die Inhalte werden an die Abonennenten ausgeliefert. Einfach so. Keine Filterbubble, kein Algorithmus, der irgendwas abfängt – der Artikel wird einfach ausgeliefert. Der RSS-Feed ist eigentlich eine prima Sache. Es gibt ein Problem: Technisch ist das ein Stück aus vergangenen Tagen, was prinzipiell nicht schlecht sein muss, aber er lässt sich nur bedingt tracken oder gar monetarisieren. Genau hier liegt der Hase im Pfeffer.
Das Problem ist nicht der RSS-Feed, sondern dass die Aufrufe nicht sauber in die Statistiken einfließen. Denn wie wir alle wissen, werden Blogs in der Regel an ihren quantitativen Zugriffszahlen bemessen. Es geht um „Reichweite“ – klassische Medienwerbung, wenn man so möchte. Irgendwann kommt man dann auf die Idee, man könnte den Feed verkürzen, um so die Nutzer auf die Webseite „umzuleiten“. Denn Leser eures RSS-Feeds sind zwar im besten Fall Stammleser, aber dies ist nicht gleichzusetzen mit Stammbesucher. Versteht mich nicht falsch, ich lese auch gerne via RSS – aber wenn dann so Mails kommen ala „Das neue Design ist toll“ und der Themewechsel ist über 3 Monate her, bleibe ich kommentarlos zurück.
Es muss euch als Bloggern wichtiger sein, dass eure Inhalte konsumiert werden, als dass dies unbedingt auf der eigenen Webseite passiert. Dies gilt nicht nur für Blogger, sondern für alle Publizisten. Message is the medium, wenn man eine abgedroschene Phrase benötigt. Gerade klassische Medien haben damit ein Problem, wie z.B. die erfolgreiche Lobbyarbeit für das Leistungsschutzrecht zeigt. Es mag sich im ersten Moment vielleicht nicht gut anfühlen, aber langfristig wird die Rechnung aufgehen, auch mal auf Traffic zu verzichten.
Größere Agenturen haben dies für sich mittlerweile auch erkannt und ziehen durchaus auch die Feed-Readerzahlen hinzu. Ob diese Zahlen nun aussagekräftig sind, kann man durchaus diskutieren. Der Umstand, dass sie überhaupt Beachtung finden, ist allerdings begrüßenswert.
Martin bringt einen wichtigen Punkt ins Spiel, den man nicht unterschätzen darf. Wer sind diese RSS-Leser? Woher kommen sie und welche Voraussetzungen sagt man ihnen nach? Ich stimme ihm voll zu. Es sind technikaffiniere Nutzer, wovon viele aus dem Technologie- oder Marketingumfeld kommen. Dieses Potenzial sollte man nicht unterschätzen, denn dies sind Kontakte, die einem vielleicht weiterhelfen können. Sei es durch Empfehlungen unbekannterweise oder gar durch eine Kooperation. Letzteres ist natürlich ein Idealfall und kommt selten vor – aber er kommt vor.
Wer seinen Feed nachträglich kürzt, sendet ein falsches Signal. Dein Blog ist jetzt groß genug, um auf die treuen Leser der vergangenen Monate und Jahre nicht mehr angewiesen zu sein? Oder welche Nachricht soll hier an den Leser gesendet werden? Außerdem gibt es genug Services, die den kompletten Artikel dann eben doch anzeigen. Es besteht kein Zweifel daran, dass Leser kommen und gehen. Ich finde das auch nicht gut, aber es ist eine natürliche Sache. Und viele, die euch kennen, lesen euch einfach nicht. Das ist nun mal so. Ihr müsst lernen, damit zu leben – es geht uns allen so. Ein gekürzter RSS-Feed wird jedoch nicht die Lösung sein.
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Ein wahres Wort! Ich kenne Kollegen, Freunde und Bekannte, die exakt das machen mit dem Hinweis: „Ich will ja nicht, daß du nur den Feed liest. Ich will dich auf meiner Webseite haben!“
Meine Reaktion ist dann, daß ich den Feed abbestelle (deabonniere? debonniere? egal 🙂
Seit Kleinkindtagen kann ich das nicht leiden, wenn man mir sagen will, was ich zu tun habe. Aber endlich hat mal jemand mein diffuses Bauchgefühl in klare Worte gefaßt. Danke 😉
Hey Volker,
ich sehe es ähnlich, wenn auch ich Verständnis für diese Denkweise habe. Ich werfe Blogs deswegen nicht zwingend raus, dass hängt aber immer vom Einzelfall ab.
Was ich eben interessant finde ist, WER diese Leute sind, die das Ding abonnieren. Ich versende die Artikel ja auch als E-Mail und was da manchmal als Urlaubs-Responder zurückkommt, lässt mich dann schon aufhorchen. Und wenn jemand einem sagt, dass er die eigene Seite / Blog liest, fragt man ja auch nicht: Oh, machst Du das auch über die Webseite direkt oder NUR über den RSS-Feed? Es spielt in dem Kontext witziger Weise keine Rolle.
Lieben Gruß,
Kai
Um der Informationsflut her zu werden schmeiße ich ständig Blogs aus meinem Feedreader raus oder füge neue hinzu. Ich würde aber nie auf die Idee kommen einen Blog rauszuschmeißen nur weil er den RSS Feed kürzt. Selbst wenn es plötzlich passiert und in der Vergangenheit nicht gemacht wurde. Ich konsumiere Artikel schließlich auch über andere Quellen wie Facebook und Google Plus, da kommt man auch direkt auf die Seite. Ob ich nun in meinem Feedreader einen weiteren klick machen muss, stört mich nicht wirklich. Von daher kann ich die Überlegung eines jeden Blogs definitiv nachvollziehen
Hallo Jascha,
naja ich denke, Du gehörst eben auch zu einer sehr technikaffinen Nutzergruppe – die berühmte Ausnahme.
Die Überlegung ist sicherlich diskutabel und jeder ist seines Glückes Schmied. Ich stimme Dir zu, dass natürlich auch andere Quellen heute wichtig sind. Ich denke aber auch, dass der RSS-Leser häufig ein anderer ist als jener, der über ein Netzwerk den Weg findet.
Viele Grüße,
Kai
Ein weiteres Problem der leider nie massentauglichen RSS-Feeds: Jeder Reader spuckt andere Zahlen aus. FeedBurner gab in seinen besten (!) für mein Blog je nach Aufruf drei verschiedene, teils um +20 Abonnenten schwankende Zahlen aus – und das am selben Tag.
Feedly bezieht seine Zahlen aus den Abonnenten über den eigenen Service, wenn ich mich nicht irre. Das ist nochmals eine andere Zahl, die ich als Betreiber weder skalieren, noch in zählbare Klicks für meine Reichweite umrechnen kann.
Der Mangel eines einheitlichen Standards innerhalb der Technik selbst macht es einfach nur (unnötig) kompliziert.
Ob ein Feed dann gekürzt ist oder nicht, interessiert mich da nur am Rande. Wobei es die Diskussion vor etwa drei, vier Jahren schon einmal gab, als einige Blogs nur noch den Titel und nicht einmal mehr den Teaser ausgespielt haben. Das war wirklich nervig, wenn es nichtssagende Ankündigungen waren.
Die Diskussion wird sicher immer wieder aufkeimen, wobei der Traffic über RSS heutzutage vielleicht auch nicht mehr den Faktor hat, wie er vor den besagten 4 Jahren gehabt hat. Ich finde ihn zwar immer noch für wichtig, aber um Peaks zu erreichen, drücke ich den Link dann eher mit Geld durch die Netzwerke.
Was die Nutzung für die Außendarstellung bzgl. Medienpartner angeht, kann ich dir nur zustimmen. Wie gesagt, ist dann eben schon auch mal hin und wieder nett, wenn jemand fragt – allerdings sind das auch dann eher Media-Deals, wo es nur darum geht sein Thema zu platzieren. Dies an sich ist ja dann auch schon die nächste Diskussion wert 😉
Wer Feeds kürzt bekommt eine freundliche Mail von mir was der Quark denn soll. Wenn sich nix ändert gibts ne Abschiedsmail und das Blog fliegt raus.
Wieso sollte ich mir vorschreiben lassen wie ich den Text zu lesen habe? Wieso sollte ich da nen Medienbruch unterstützen wollen?
Wenn jemand mich als Leser monetarisieren will, dann soll er nen Flattr-Button einbauen, gerne auch an jeden Artikel. Die Werbung in den Blogs sehe ich eh nicht.
Ich kürze den RSS-Feed aktuell (werde ihn aber wohl recht bald wieder umstellen), aber eher aus einem fast unfreiwilligen Grund – denn mein RSS-Feed, obwohl eigentlich uninteressant (?) – wurde bereits zweimal auf fremden Seiten wieder ausgespuckt (gemeinsam mit anderen Blogs) und dort die Einträge mit Werbung garniert. Hat interessanterweise recht lange gedauert, bis ich das gemerkt habe – Content-Klau via RSS ist also so eine Sache, denn technisch ist es simpel, sich da ein Skript zusammenzuklopfen, dass den Inhalt auf einer anderen Seite 1:1 einbettet. Gäbe es das Problem nicht, bin ich definitiv für ungekürzte Feeds.
„…aber wenn dann so Mails kommen ala „Das neue Design ist toll“ und der Themewechsel ist über 3 Monate her, bleibe ich kommentarlos zurück.“
Das musst du nicht, denke ich. Ein Blog ist eben keine Zeitung, die man abonniert und jeden Tag liest. Ich bin sicher, ei Großteil der Leser schaut eben nur alle paar Monate mal vorbei. Weil es gerade ein verregneten Sonntag ist, die Katze sich im Keller eingeschlossen hat und man ohnehin gerade irgendwo über einen Link gestoßen ist, der einen an den Blog erinnert hat. Und da sehe ich eben mal auch erst nach einem halben Jahr das neue Design auf der Seite, die ich womöglich durchaus regelmäßig, aber eben in sehr niedriger Frequenz besuche. Und erkennen tue ich das neue Design ja eben auch nur, weil ich die Seite eben doch direkt abrufe, und nicht nur die Feeds lese.
Da sollte sich der Blogger dann in meinen Augen doch eher freuen, dass es Leute gibt, die sich alle Schaltjahre mal wieder aktiv zu seinem Blog zurückbesinnen statt es routinemäßig jeden Tag um 8 und um 5 aufzurufen.
Spannendes Thema!
Ich kürze meine Feeds auch – weil ich im Buch „Blog Boosting“ von Michael Firnkes gelesen habe, dass der Content eben sehr leicht gemopst werden kann, wie Emanuel-S hier vor mir schon schrieb. Wenn man mit seinem Blog Geld verdienen möchte, ist man aber noch mehr als ein Hobbyblogger gezwungen darauf zu achten, dass man exklusiven Content anbietet, der nicht auf zig Seiten via RSS-Feed ausgespielt wird.
Andererseits habe ich auch schon oft festgestellt, dass ich manchmal die gekürzten Artikel in meinem eigenen RSS-Feed nicht anklicke (also von Blogs, die ich lese). Das liegt aber meistens nicht daran, dass sie gekürzt sind, sondern daran, dass ich dann denke „So spannend klingt es auch wieder nicht“. Hört sich ein Artikel wirklich spannend an, klicke ich auch auf den Blog.
Abgesehen davon gehört das Erscheinungsbild des Blogs m.E. zum „Branding“ dazu und der kommt im RSS-Feed nun mal auch nicht rüber.
LG, Katharina