Urlaub mag zwar des Deutschen liebstes Hobby sein, aber ich bekomme immer einen Schrecken, wenn ich meine Muttersprache im Urlaub entnehmen muss. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, ab dem Zeitpunkt in der Regel kein Wort deutsch mehr zu sprechen.
Wenn ich dem Gespräch entnehme, dass ich helfen kann, dann tue ich dies. Ich erklärte in Paris also den Weg ins Disneyland, dass der Shuttlebus am Flughafen kostenlos ist und immer im Kreis fährt. Das ist kein Problem. Ich habe auch kein Problem damit, wenn man jemandem seine Herkunft ansieht. Mir wird man es ansehen, dass ich aus Deutschland komme – auch wenn wir oft für Locals gehalten werden. Das ist auch nicht das Problem, denn man wird sich nie perfekt anpassen können / wollen / müssen / sollen. Ich bin hier ein Fremder. ICH bin HIER der Tourist. Ich bin Gast! Und es ist nicht schwer einfach zu schauen, wie die Dinge hier geregelt sind – zur Not fragt man höflich, weil man unsicher ist. Das Problem ist: Wir Deutsche scheinen unheimlich schlecht darin zu sein sich als Gast benehmen! Und es kotzt mich an!
Ich kann es nicht fassen, welchen Mist man sich manchmal anhören muss. Ich stehe in einem Museum, dem Fort Al Fahidi – eine kleine Festung, die 1787 erbaut worden ist. Ich schaue mir die Sachen an und sehe zu, dass ich dezent Fotos mache, wo es die Lichtverhältnisse hergeben (verzichte konsequent auf Blitz). Auf einmal tönt eine Stimme aus dem Nichts: „Das ist ja alles auf Englisch hier“
Ich fremdschäme mich innerlich. Ich lasse mir aber nichts anmerken und schaue durch den Sucher und lasse so die Situation an mir vorbeiziehen. Ja, hier – auf einem anderen Kontinent, einem anderen Kulturkreis – hier hat sich die Weltsprache Deutsch gegenüber dem Englisch leider nicht durchsetzen können. Und wir haben hier auch keine Grabenhilfe geleistet…
Frühstücksverteidigung mit allen Mitteln
Ich stehe am Frühstücksbuffet. Es ist nichts Besonderes, aber ich werde davon satt. Ein Gast fällt mir bei den Croissants unangenehm auf – erst täuscht er einen Tritt an und dann fuchtelt er wild mit der Brötchenzange. Sein Kontrahent ist ein etwa 5-jähriger kleiner Junge, der sich ein Muffin nehmen wollte. Er ruft: „Ich glaube, ich spinne“ – denselben Gedanken habe ich auch. Die Situation scheint sich aufzulösen.
Es gibt nur stilles Wasser!
Im selben Augenblick erscheint eine junge Dame und äußert sich wie folgt: „Ey voll der Scheißladen hier, die haben nicht mal Wasser mit Sprudel! Jetzt muss ich O-Saft zu meinen Medikamenten trinken. Bruchbude ey!“
Gedanken schießen durch meinen Kopf von „mach einfach deinen Vater verantwortlich, der hat den Urlaub schließlich gebucht“ bis hin zu „warum kauft sie sich kein Wasser für 30 Cent in der Mall?“, „wieso ist stilles Wasser nicht ok?“, „zur Not einfach höflich fragen, ob es möglich ist Mineralwasser zu bekommen, wenn es einem so wichtig ist“. Nachdem ich kochend mein Frühstück gegessen habe und abwäge, ob ich dem „deutschen Tisch“ darum bitte sich wenigstens für den Rest Ihres Urlaubs wie ein Gast zu benehmen. Ich entschließe mich vorerst dagegen. Letzlich bin ich hier auch nur Gast.
Her mit dem Kaffee
Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich darüber schmunzeln soll oder mich fremdschäme. Ich sitze beim Frühstück und beobachte das allgemeine Geschehen. Ein älteres Päarchen betritt das Restaurant, um sich ebenfalls dem Frühstück zu widmen. Sie ziehen zu ihrem Tisch – momentmal! Hat er gerade wirklich eine Kanne Kaffee mit an den Tisch genommen? An der offenen Küche, wo einem Omlets gemacht werden, stehen 3 Kannen „Kaffee“ (also dunkles Wischwasser), warme Milch und schwarzer Tee. Ich schaue noch mal und finde in der Tat eine Kanne auf ihrem Tisch wieder. Ja gut, warum auch den Kaffee der Allgemeinheit überlassen.
Abschließend
Sicherlich bin ich nicht der perfekte Tourist und hin und wieder auch unangemessen gekleidet – was mir in dem Moment zwar sichtlich unangenehm ist, aber manchmal leider nicht zu ändern ist. Aber warum fällt es gerade meinen Landsleuten so schwer, sich halbwegs wie Gäste zu benehmen? Einfach mal nicht der Erste zu sein, einfach erst mal schauen, wie Dinge funktionieren, bevor man sich mit seiner Selbstüberschätzung völlig blamiert. Einfach mal die Fresse halten, wenn man keine Ahnung hat.
Ich kann über das Thema nach 2 Wochen auf Mallorca auch schon Lieder singen. Highlights bisher:
„Warum spricht denn der Busfahrer kein deutsch? Das ist doch schlecht für den Tourismus“
„Wieso steht denn das hier nicht auf deutsch?“
„Die deutschkenntnisse von der Kellnerin sind aber furchtbar schlecht, hier kommen wir nicht noch mal her!“
Usw.
Furchtbar.
Ja, wir Deutsche können so einiges. Unter anderem Arschlöcher sein.
Wir sind nun wirklich nicht unbedingt Pauschal-Urlauber, aber vor ein paar Jahren haben wir uns Rhodos und danach das Jahr Kreta „gegönnt“. Die Urlaube waren soweit echt gut, dummerweise waren dort noch mehr unserer Gattung.
Angefangen im Flieger. Eigentlich haben schon alle gesessen, bis irgendeiner Blitzbirne aufgefallen ist das vorne im Flieger Zeitschriften für umsonst ausgelegen haben. Ich mein, hey, klar. Beim Reingehen nen bissi aufmerksam sein und gleich ne Zeitschrift mit zu nehmen ist für Jakkeline vermutlich zu schwierig. Also, alle noch mal hoch, nach vorne und ne Bild der Frau gesichert. Nicht das die Zeitung interessant ist, aber – für umme MUSS man die mitnehmen.
Nächster Schauplatz: Poolbar. Gute 40° Celsius, es ist so ca. 10.45 h. In der Sonne unter einem Mini-Sonnenschirm steht ein armer Teufel der dort bedient bzw. noch vorbereitet. Ich gehe hin und bestelle meine obligatorischen Wasser, der Mann bedient mich wirklich freundlich. Zumindest so freundlich wie ich man es erwarten kann wenn man in schwarzer Hose, weissem Hemd und Weste in der Hitze schmoren muss.
Wie aus dem nichts kommt ein Typ, völlig verbrannt, im folgenden nur noch als „spezieller Freund“ bezeichnet und bestellt ganz nonchalant mit den Worten „Ey, tu misch ma 3 Bier“ 3 Bier.
Der Kollege hinter der Theke sagt freundlich, aber bestimmt, das er an der oberen Poolbar erst ab 11.oo h Alkohol ausschenken darf. Ich mein, 10 Minuten. Reicht aber um den Hafensänger völlig ausflippen zu lassen. Wörtlich kann ich es nicht mehr wieder geben, aber es sind Worte wie „Kackladen“, „all inclusive“, „watt ne schayze“ und „Dreckskagge“ gefallen. Ich hab in meiner bekannt ruhigen und höflichen Art meinen Landsmann versucht wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen – er hätte ja die 100 m zur anderen Poolbar gehen können oder – tada – einfach die 10 min warten können.
Nutzte aber nichts. Nicht nur der Gen-Unfall sondern auch seine LAG und deren (vermutlich) gemeinsames Gen-Experiment fühlten sich auf den Plan gerufen mir zu erklären das ich auch nen Vollidiot sei….
Abends hat übriges das gemeinsame Gen-Experiment mit seinen Gangster-Buddies ein Cocktail-Glas in Richtung „untere Poolbar“ geworfen, als die dort erklärten das es ab o1.oo h keinen Ausschank mehr gäbe… grundsympathische Voll-Asis. Incl. Deutschland-Trikot und Schlappen…
Ja, ich muss Dir Recht geben. Wir Deutsche können das. Urlauben. Wenn man das ganze Jahr auf den Urlaub spart und dann 10 Tage den dicken Max markieren kann – dann tut man das auch. Lenkt vielleicht nen bisschen von der eigenen Trostlosigkeit ab…
Tja, so sind halt leider viele. Bin ich froh, daß ich nicht in solche Urlaubsgegenden fahre. Bei meinen Kurzurlauben habe ich so etwas zum Glück bisher nicht erleben müssen.
Wobei Dir solche Typen echt überall begegnen können. Man kann besser an Sachen rummäkeln als etwas positiv zu sehen…
Ich reiste (bisher) zwar nicht sooo häufig ins Ausland, aber auch ich kenne ähnliche Situationen. Die Frage, welche ich mir dann meist stelle: geht es anderen Nationalitäten ähnlich? Also was der der Russe, der Franzose, der Engländer etc. über seine Landsleute wenn er diese bei einem Auslandsaufenthalt trifft/beobachtet?
Stimmt schon. Allerdings sind viele andere Nationalitäten auch nicht viel besser. Mit Grauen denke ich da an die Engländer, heute allemal getoppt von den neureichen Russen. Sicher, alles Pauschalurteile, die man tunlichst unterlassen sollte. Aber, hey… sind ja auch Pauschalreisen! 😉
Was aber den Fakt nicht besser macht das unsere Landsleute sich auch gut daneben benehmen können. Wird ja nicht besser dadurch das andere sich auch nicht benehmen können.
Stimmt. 😉
wie recht du hast
Hach Jungs… 🙂 (wo sind eigentlich die Meinungen der Damen?)
die Geschichte(n) vom Kai hatte ich die Tage schon live gehört, aber die vom @Toellby sind auch nicht gerade ein Lob auf „unsere Landleute“.
Ich reise ja nun nicht so viel *LOOL* und erlebe das Treiben daher fast jede Woche und überall auf der Welt. Ganz schlimm fand ich persönlich Deutsche in Thailand, wo „wir“ (ich schließe mich da aber ganz deutlich aus) glauben es gäbe nur die Deutschen auf der Welt und die „kleinen“ Thai müssen untertänig sein.
Ganz gruselig. Schlimm finde ich es aber an vielen Stellen, Deutschland leider eingeschlossen. Ich verbringe nun wahrhaftig viel Zeit an/ auf Flughäfen, an Gates, in Lounges und was man da erlebt…
Gerade live in der LH Lounge in MUC: „Ich will ein Bier“. Die Dame die die Gläser abräumt antwortet freundlich: „Gern, da vorn an der Theke am Buffett“, er (Mitte 50, deutsch) antwortet: „Ne, das könn’se mir hier her stellen.“
Die Reaktion, sich umzudrehen und weiter zu gehen, im Hintergrund den totternden Herren über den schlechten Service der LH in der Lounge- einfach ignorieren.
Sicherlich sind das exemplarische Beispiele und sicher und ZUM GLÜCK sind lange nicht alle so, aber leider viele, die ein Bild prägen.
Bei meinem Aufenthalt im Ritz in Dubai die letzten Tage gab es viele Russen, solche die sich benehmen konnten aber, also auch hier- solche und solche- wie überall.
Der gute alte Dieter Nuhr – erstaunlich wie oft sein Zitat passt. Das Schlimme ist, dass ich manchmal selber bei solchen Sachen wie „Liegenburgen“ bauen erwische. 🙂 Hoffe Du konntest den Urlaub trotzdem genießen 🙂
Wenn Sven schon so lieb um die Meinung von Damen bittet (ähm, okay, ich bin keine Dame 😉 ):
Warum erinnert mich Kais Post nur an meine Eltern?! o.O
Die meinen auch, im Speziellen mein Stiefvater, dass man überall, wo sie im Urlaub sind, Deutsch mit ihnen reden müsse. Okay, arme Ossis, die kein Englisch können, aber da gibt es einfach kein Verständnis, dass man das nicht einfach voraussetzen könne. Deutsch ist ja nun auch nicht die einfachste Sprache.
Und ja, man kennt diese Geschichten und versucht, nicht aufzufallen. 😉
Vieles, was du im Post beschreibst, Kai, aber auch vieles, was in den Kommentaren steht, kenne ich nur zu gut und habe ich auch schon viel auf Reisen erlebt und suche dann meist den Tisch, auf den ich meinen Kopf beim Fremdschämen hauen kann.
Als ich selbst mal in Italien war, habe ich in einem kleinen Dorf in einem guten alten „Tante-Emma-Laden“ eingekauft und dafür ein paar Brocken Italienisch gelernt. Allein die Freude der Verkäuferin, dass ich es probiert habe und es mit ihrer Korrektur auch relativ gut geklappt hat, motivierte mich, weiterzumachen. Solche Erlebnisse sind mir dann viel lieber, als der „typische Deutsche im Auslandsurlaub“.
Offensichtlich bist Du noch im Urlaub. Da frage ich mich ernsthaft, ob man wirklich von dort aus an seinem Blog arbeiten muss. Das ist auch fast schon typisch für „Deutsche“ 🙂
Nein muss man nicht, aber jeder definiert seinen Urlaub anders. Ändert das ist ein anderes Thema 😉
Oh jeh… das erinnert mich an eine Zeit, in der ich in Italien gelebt habe. Ich habe die Deutschen so gut es ging gemieden. Doch hatte das Ganze auch etwas lustiges. Wir sind mit unserer Clique öfters in die Touri-Hochburger gefahren, haben uns in ein Cafe gesetzt oder in eine Disco gestellt und „Deutsche beobachten“ stand auf dem Programm (inklusive Live-Übersetzung von mir). Da klingelten vor allem mir die Ohren. Man kann sich gar nicht vorstellen, über was sich alles deutsche und österreichische Frauen lauthals unterhalten, wenn sie meinen man versteht sie nicht 😉
Unglaublich … spießiger gehts wohl nimmer mehr. Hier macht ein Deutscher in einem anderen Land Urlaub und regt sich über die Deutschen öffentlich auf; ja schreibt sogar während seines Urlaubs darüber in seinem Blog. Natürlich finden seine Leser dies gut und schreiben fleißig eigene Meinungen über die Deutschen und deren Verhalten in Urlaubsgebieten. So schaukelt sich eine Meinung über die Deutschen und ihr Verhalten in Urlaubsregionen hoch, dass es einem nur noch so graut.
Leute … merkt ihr nichts mehr?
Lieber Kai, Du hast offensichtlich nicht das Zeug, diesen Deutschen vor Ort und in der Situation selbst ihr Fehlverhalten anzumahnen, Du suchst eher den Weg über Dein Blog und regst Dich im Schutze dessen darüber auf. Ändern wirst Du damit nix … ändern kannst Du nur was, wenn Du Dein Maul aufmachst … vor Ort und als Deutscher unter Deutschen … aber dafür fehlt Dir die Zivilcourage.
Meine Güte ist das peinlich!
Ja, einfach nur peinlich. Ob es Menschen anderer Nationalitäten mit ihren Landsleuten ähnlich geht?
Mir persönlich reicht es ja schon, wenn die Bagage im Flieger nach erfolgter Landung mit Klatschen beginnt. Fremdschämen galore!
Ich glaube ja, das hier, das ist wirklich typisch deutsch.