In der letzten Woche ging die Pril-Cover Aktion zu Ende. Spülmittelcover-Costumization ist nichts Neues und schon gar nichts aus dem Social Web-Bereich. Die Blümchencover im Frühling und andere Bildchen scheinen schon immer ein einfaches Mittel gewesen zu sein. Selbst der “SPIEGEL Online” hat sich zu einem PR-Debakel hinreißen lassen. Einige PR-Leute behaupten das Gegenteil. Sie simulieren mit dem Rumstochern in einer 5 Minuten Terrine, den berühmten Sturm im Wasserglas.
Ich finde übrigens beides falsch. Es ist nicht förderlich eine Zensur zu betreiben, Regeln evtl. „nachzuschieben“. Für diese Erkenntnis reicht es jedoch aus Grundschüler zu befragen. Dies in mehreren Stufen zu tun ist nicht nur fahrlässig sondern auch ungeschickt. Sie hinzustellen und zu sagen, “Social Media funktioniert anders”, bedarf ist es dann auch keiner außergewöhnlichen Hirnaktivität.
Das falsche Maß
Es hat auf mich manchmal den Anschein, dass die Maßstäbe, die 20 Jahre lang in der PR gut funktionieren auf das Social Web nicht zutreffen. Ich bin mir nicht sicher. Es wird auch gern angenommen, Amerikaner nutzen die Dinge genauso wie wir Deutschen. Ich bin mir dort auch nicht sicher ob es den Tatsachen entspricht.
In dem Artikel vom Spiegel steht ein PR-Gau. Die Fanpage hat um die 8000 Fans/Liker sowie 50.000 Motive wurden hoch geladen. Wenn ich annehmen würde, dass jeder Fan ab sofort kein Pril mehr kauft, dann hege ich meine Zweifel, dass es dramatische Ausmaße annehmen wird.
Die Frage sollte nicht sein, was Pril verloren hat. Der Verlust bezwiffert sich in einer “Nullrunde”. Pril war auf einem guten Wege. Die Kommentare und heftigen Reaktionen unterstreichen das. Pril hat aber nichts gewonnen. So wie ein gutes Beispiel meist eine Win-Win Situation generiert. Glückliche Kunden und User, die bekommen was sie möchten. Klingelnde Kassen bei dem Unternehmen, da der Vertrieb ansteigt. Mal Absichten bzw. Ziele beiseite geschoben.
Pril wird spätestens vergessen sein, wenn das nächste Unternehmen ins Fettnäpfchen tritt. Das Ungeschick in 1. Runde wird mit einläuten der 2. Runde ebenfalls unter den Tisch fallen. Die Situation bietet aber insgesamt noch viel Potential neben dem Gelernten. Man könnte z.B. ein Spülmittelcover-Generator bei Facebook initiieren 😉
Der Fehler lag darin, dass Pril mit einem Spülmittel eine Social-Media-Fanreaktion auslösen wollte, ohne vorher die Crowd analysiert zu haben. Dann hätten sie nämlich festgestellt, dass Sie dort ein deutliches Übergewicht haben an Antagonisten, die mit der Marke an sich keine Berührungspunkte haben aber mit Wonne Kampagnen auseinandernehmen, sowie haufenweise Mitläufer die den Jux nach oben tragen. So viel zum Thema ob Pril diese Aktion überhaupt hätte starten dürfen.
Was letzten Endes die Entscheidung betrifft durch eine Jury und durch Umbewertung den Wettbewerb zu manipulieren denke ich, dass Henkel hier richtig entschieden haben. Hätten Sie das Spiel mitgespielt und die albernen Entwürfe abgedruckt, hätten sie ihre Zielgruppe, nämlich die Traditionsbewussten, völlig entfremdet. Ohne zu wissen, dass es diesen Contest überhaupt gab hätten die Kunden annehmen müssen, dass Pril nicht mehr das ist was sie seit Jahrzehnten kaufen. Gegenüber dem Sturm im Wasserglas, den sie jetzt im Social Web aussitzen müssen wäre das ein wesentlich größeres Problem gewesen.
Na Berthold, sich jetzt hinzustellen und die ultimaitve Lösung an den Tag zu fördern, ist genau dass was ich nicht will. Hinterher ist man immer schlauer 😉
Abgesehen davon hätte man den Direktvertrieb über FB abwickeln können, dann wäre auch die Zielgruppe der Traditionsbewussten nicht mit der Aktion in Berührung gekommen.
Die Frage ist nach wie vor, hat Pril etwas verloren. Oder hat man verloren, weil man nichts gewonnen hat?
Naja, ich wollte es mal nicht so darstellen als gäbe es eine undurchdringliche Trennung zwischen den Traditionsbewussten offline und der Online-Community. Auch für uns hat die Marke Pril zwar keine besonderen Anziehungsmerkmale, aber doch in jedem Fall einen Vertrauensvorschuss gegenüber den meisten Konkurrenzprodukten; den sie durch diese Aktion leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben. Obwohl die Entscheidung wie gesagt richtig war, ganz unbeschadet sind sie nicht davongekommen, vom finanziellen Aufwand mal abgesehen.
Außerdem denke ich ist es unerlässlich, im Nachhinein zu schauen was falsch gelaufen ist. Wenn wir das nicht täten und nicht überlegten wie es besser hätte laufen können wäre das Ganze Buhei nicht nur unglücklich sondern obendrein nutzlos. Und das wäre schade.
Dear architect,
als GAU würde ich die Sache nicht sehen, dafür ist sie doch insgesamt zu unbedeutend, wenn man das restliche „Werbegeschehen“ dieses Produkts in die Gesamtwahrnehmung mit einfließen lässt. Aber richtig ist sicher, dass es sich um eine leichtsinnig verspielte Chance handelt, in einer sonst für dieses Produkt nicht gerade einfach zugänglichen Soziogruppe positive Resonanzen zu erzeugen.
Ja vielleicht ist es leicht verspielt. Die Frage ist für mich aber, ist es ein Misserfolg weil ein negativer Ton herrscht oder weil nichts gewonnen worden ist. Wäre ich Wettbewerber würde ich mich in dem Fall auch eingeladen sehen um zu agieren.
„Die Frage ist für mich aber, ist es ein Misserfolg weil ein negativer Ton herrscht oder weil nichts gewonnen worden ist.“
Da verläuft die Trennlinie – oder eine der Trennlinien – zwischen klass. PR und Social Medea. Was kostet ein „sorry!“, ausgesprochen auf der Seite? Was kostet die Erweiterung der Gewinner von jetzt (ich weiß grade nicht genau) auf 52; für jede Woche im Jahr 2012 ein neues Etikett?
Es kostet nichts, außer zu reagieren und die weggewehten Sympathien wieder einzufangen. In diesem Fall ginge es vielleicht noch.
Don’t adress failure, boost confidence!
Grüßlé!
Herrgott – man darf die Leute halt nur nach ihrem Input fragen, wenn man auch mit den Antworten umgehen kann. Wenn z. B. einfach eine große Palette Motive zur Verfügung gestanden hätte, die davor in einem anderen – meinetwegen crowdgesourcten Prozess (5€ in die Buzzwordkasse) – zusammengetragen worden wären wär das ein sicheres Ding gewesen. Nunjaa.