In Schweden scheint es in der Arbeitswelt einen Wandel zu geben. Der 6-Stunden-Tag ist dort immer mehr im Kommen und ich bin davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Er führt zu mehr – für alle Beteiligten.
Es besteht kein Zweifel darin, dass es Arbeiten gibt, die mehr Zeit erfordern. Henry Ford hat zwar die Schichtarbeit etabliert, was jetzt jedoch auch einige Jahre her ist. Es gibt Aufgabengebiete, wo Zeit und Produktivität eine Gleichung ergeben. Dies sind häufig Aufgaben, wo der Mensch Maschinen ersetzt. Wobei ausgerechnet dort gibt es auch in Deutschland 32, 35, 38,5 und 40-Stunden-Wochen.
Die Anzahl der Arbeitsstunden kratzt aber nur an der Oberfläche des ursprünglichen Problems. Ein Unternehmen SOLLTE eine Gemeinschaft aus gemeinsamen Werten, Idealen und Interessen sein. Dieses ist in der Regel nicht der Fall. Daher reicht es völlig aus, sich 6 Stunden gegenseitig auf den Geist zu gehen und seine Energie damit zu verschwenden, wie man den Kollegen eins auswischen kann. Ich, ich, ich führt langfristig nicht zu einem »wir«. Dafür braucht man keine 8 Stunden.
Wenn in Unternehmen keine Gemeinschaft entsteht, passieren die Dinge, die täglich eben so schief gehen. Seth Godin brachte selbiges Phänomen in einem anderen Zusammenhang auf den Punkt.
This is broken – because it’s not my job to fix it! (Seth Godin)
Dinge, die nicht funktionieren, weil es nicht die eigene Aufgabe ist, die Fehler zu korrigieren. Dies beginnt mit einem Rechtschreibfehler und hört bei der industriellen Fehlkonstruktion einzelner Bauteile auf. Die Anderen, die da oben, die Geschäftsführung oder ein anderes Synonym für jemanden oder eine Personengruppe, die nicht zu meiner Gemeinschaft gehört, wird sich dabei etwas gedacht haben. Die Problemstellung bei verschiedenen Gemeinschaften (Communities) ist, dass zwischen ihnen kein Vertrauen entstehen wird. Vertrauen entsteht immer innerhalb eines Interessenkreises. Vertrauen ist ein Gefühl, begründet auf menschlichen Interaktionen, mit Menschen, die gemeinsame Werte, Ideale und Interessen haben.
Ein höheres Ziel als sich selbst
Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die gehen gern zur Arbeit. Auch die Workaholics müssen einsehen, dass sie dies aus einfachen menschlichen Gründen tun. Letztlich ist es unser innere Bestrebung, sich einem größeren Ideal (Ziel) als uns selbst hinzugeben. Dies hat bei Religionen schon ganz gut funktioniert. Es kann eine Zahl, ein bestimmtes Ergebnis oder eine Botschaft sein, für die man stehen möchte. Ein Projektlaunch, die Rettung des Planeten oder die Hilfe von Menschen. Es ist häufig von Passion, Berufung, Leidenschaft oder Selbstbestimmung die Rede. Im Prinzip haben all diese Leute nur ihre innere Befriedigung gefunden, etwas zu tun, was einem höheren Ziel dient. Die Tatsache, dass Gefühle und Sprache in zwei unterschiedlichen Hirnregionen verarbeitet werden, dürfte vermutlich die Ursache sein, wieso wir uns hier nicht richtig ausdrücken können.
Erfüllung empfinden
Nehmen wir einen Blogger, der seine Berufung gefunden hat, indem er Tech-News runterrocken kann. Die innere Befriedigung kommt dabei nicht, wenn Blogger eine Pressemitteilung verarbeiten. Das Wohlbefinden tritt ein, wenn die Leute mit den zahlreichen Tipps und Tricks weiterkommen, sich selbst helfen können oder um Rat fragen. Befriedigung oder gar eine Erfüllung durch die eigene Arbeit erlangen wir nur an den Tagen, an denen wir jemandem anderes geholfen haben. Was im Übrigen eine der größten Leistung der Evolution unserer Spezies ist, sich gegenseitig zu helfen.
Gegen einen Löwen sieht es für uns echt doof aus, aber wenn man sich zu einer Gemeinschaft zusammen tut und ein höheres Ziel (Löwen umhauen) hat, könnte es sinnig erscheinen. Geprüft vor 50.000 Jahren.
Coverbild: Shutterstock
Sehr guter Text zu einem spannenden Thema!
Ich finde es schade, dass Wertegemeinschaften in so wenigen Unternehmen existieren, gleichzeitig sehe ich darin aber auch eine spannende Herausforderung für jede Unternehmensführung!
Was kann jede Führungskraft tun, um Mitarbeitern Werte zu vermitteln? Selbst Werte repräsentieren. Wertschätzung zeigen. Nicht nur auf Zahlen, Leistungen und Anwesenheitszeiten reduzieren sondern auch den Mensch betrachten.
Aber es ist auch ein Miteinander. Würden Angestellte in Büros danach bezahlt, wie viel sie über Kollegen oder Chefs lästern, könnten sie vermutlich mit Ende 40 in den Ruhestand gehen.
Ich glaube, dass die Krux bereits bei der Art, wie wir heute Leute einstellen beginnt. Oftmals trennt man sich nach der Probezeit oder einem Jahr, weil „es nicht geklappt hat“. Was heißt das? Nicht geklappt? Ist dies nicht häufig ein Synonym dafür, dass man nicht miteinander klar gekommen ist? Wenn dies die Ursache ist, muss man sich als Unternehmen fragen lassen, ob man nicht die falschen Kriterien beim Einstellen stellt.
Ja, das sehe ich ganz genau so!
Jemanden in der Probezeit zu entlassen muss direkt auch auf das Recruiting zurückgeführt werden und die Kriterien zur Einstellung.
Aber an der Stelle ist es wohl oftmals viel bequemer, die Schuld beim ausgeschiedenen Mitarbeiter zu suchen, als seine eigenen Kriterien, Ansprüche und Arbeitsweise zu überprüfen.
Nicht zuletzt deswegen dürfte wohl auch die Personalfluktuation in vielen Unternehmen so hoch sein, wie sie es häufig ist.