Im Winter hatte ich mich hingesetzt, um meine Gedanken über Flughäfen schweifen zu lassen. Meine Zeit in Düsseldorf habe ich in Unterrath genossen, denn ich konnte zu Fuß zum Airport gehen. Dies führte auch dazu, dass mir einige Dinge aufgefallen sind, die man verändern könnte.
Ich habe dann ein paar Zeilen geschrieben und habe diese an verschiedene Flughäfen geschickt, nachdem ich mir Ansprechpartner rausgesucht hatte. National interessiert sich scheinbar niemand dafür, aber ich konnte Gehör in London, Dubai, Helsinki als auch bei Finavia finden (betreibt 25 von 28 finnischen Flughäfen). Es ist kein Konzept, sondern eine Ansammlung von Gedankenanstößen. Ziel war es, den Gedanken gemeinsam weiter zu spinnen und einige Ideen ggf. in die Umsetzung zu treiben. Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Da einige nach dem PDF fragten, könnt ihr es nun hier nachlesen. Es ist nichts weltbewegendes, aber es geht auch nicht darum eine Branche zu revolutionieren. Der nachfolgende Text ist Stand Dezember 2011.
Der Service an deutschen Flughäfen ist verbesserungswürdig
Deutsche Flughäfen weisen ein gewisses Maß an Service auf. Der Flughafen gilt nach wie vor als groß, unübersichtlich und oftmals schlecht ausgeschildert. Das Ziel sollte es sein, einen Flughafen in „the place 2 be“ zu machen und dem Reisenden einen besseren (und unvergesslichen) Aufenthalt zu bieten.
Einige deutsche Flughäfen haben bereits im Feld von Social Media ihre Arbeit begonnen. Auch das internationale Feld schläft nicht und ist bereits Jahre voraus. Es ist daher an der Zeit, das Thema anzugehen und zu gestalten.
Tradition und neue Trends verbinden
Die Serviceleistungen eines Flughafens sind meist Lösungen aus dem alten Jahrtausend. Das Konzept der Verbesserung wird scheinbar nicht überdacht und Lösungen kommen beim Kunden / Reisenden nicht an. Ein Zustand, den man abstellen sollte.
4 Beispielfragen, die ein typisches Szenario skizzieren:
- Wieso ist Service Personal so schwer erkennbar?
- Wieso wird Service oft von den Airlines gestellt?
- Wieso muss der Reisende die „Service Points“ suchen?
- Wieso gibt es keine mobilen Einheiten, die auf den Gast zugehen?
Keine offensichtliche Schnittstellen zum Reisenden
Die Kommunikation als Reisender mit einem Flughafen erweist sich in der Regel als schwierig. Diesen Zustand stellen viele Flughäfen nun mit der redaktionellen Betreuung von Twitter-Konten und Facebook-Fanpages her.
Eine offensichtliche Lösung mit meist mittelmäßiger Umsetzung. Hier fehlt dem Personal leider die Erfahrung, um den Dingen den richtigen Drive mitzugeben. Die Umsetzungen sind sachlich und selten lebhaft.
Fehlendes Gespür
Ein Beispiel: Flughafen Helgoland hat Tag der offenen Tür. Die Bilder des Events werden 2 Tage später auf der Fanpage gepostet. Das ist sicherlich nett in der Nachberichterstattung, aber eine Live Coverage der Veranstaltung würde weitere Besucher ggf. spontan anlocken, den Airport in einem guten kommunikativen Licht dastehen lassen. Weitere mögliche Presseberichte in diesem Zusammenhang sind nur ein weiteres verschenktes Potenzial.
Dieses Beispiel ist ein real existierender Vorgang aus dem November 2011. Der Flughafen gehört zu den 3 größten Flughäfen in Deutschland.
Crossmedialer Lösungen müssen her
Einige Vorteile der Offline-Komponente:
- Der Reisende bekommt ein unnachahmliches Erlebnis am Flughafen.
- Dem Reisenden wird geholfen, wenn sein Problem besteht.
- Dem Reisenden kann individuell geholfen werden
- Einen Teil der Marktforschung wird man sich einsparen können
- Verbesserungspotential wird direkt an einen heran getragen können
- Inhaltsgeneration für die Online-Medien
Dem Reisenden kann pro aktiv geholfen werden, bevor bei ihm eine Stressschwelle entsteht. Dabei können es ganz einfache Dinge sein, wie: den Weg weisen, beim Boarding helfen, das Gepäck tragen, Menschen mit Behinderung zur Hand gehen, in Notsituationen aushelfen (Hotelsuche?) und weitere Szenarien, die in der täglichen Arbeit anfallen. Wieso muss sich der Passagier darum kümmern, wenn er an einem Flughafen strandet?
Oft fehlt: Die gute Seele des Airports.
Einsatz-Beispiele
Reisender hat Zwischenaufenthalt am Flughafen. Er könnte sich mit dem Manager auf einen Kaffee treffen. Der Reisende könnte einen Blick hinter die Kulissen bekommen. Nur er als Einzelperson. Machen Sie den Kunden zu ihrem Helden. Dies kann nur eines von vielen Beispielen für eine Loyalitätsförderung sein.
Der Caddy
Der Caddy, denkbar als klassischer Golfwagen könnte Passagiere zum Gate bringen. Dies könnte hilfsbedürftigen Menschen zugutekommen, aber auch sehr unterhaltsam für Kinder sein. Natürlich müsse das Gefährt gedrosselt sein, um eine Verletzungsgefahr ausschließen zu können. Mit einem auffälligen Erscheinungsbild könnte das Gefährt jedoch für eine Menge Gesprächsstoff sorgen (und Fotos).
Die iPhone App
Eine Anwendung für Smartphones ist sicherlich nichts Neues, dennoch ist sie für Reisen sehr wertvoll. Neben den Üblichen an und Abreisezeiten können dort auch besondere Angebote, Veranstaltungen oder geht Änderungen kommunizieren werden. Darüber hinaus kann ich dem Benutzer einen Lageplan des Flughafens in die Hand geben, ohne dass er danach suchen muss. Er könne sich seine Route per UPS anzeigen lassen, die stellt mit modernen Geräten kein Problem mehr dar.
Multimedia
Um die Kommunikation am Flughafen unter den Fluggästen zu verbessern und ihn ein einzigartiges Erlebnis zubereiten, sollte über die Installation einer Twitterwall nachgedacht werden. Unter dem Dach eines Schlagwortes werden alle Tweets auf einer dafür vorgesehenen Fläche projiziert. Dies würde die Möglichkeitsreisenden untereinander in Kontakt zu treten, aber auch dem Flughafen das Medium als Kommunikationsweg zu nutzen. Dies kann informativ, nützlich oder unterhaltsam gestaltet werden. Reisende, die mit dem Medium nicht vertraut sind, könnten allerdings eine unterhaltsame Aufenthaltszeit haben.
FAQ aus dem Inhalt gewinnen
Ein Abfallprodukt der Arbeit kann eine FAQ sein. Eine FAQ mit echten Kundenfragen. Falls der Kunde jedoch nicht fündig wird, hat er die Wahl sich beraten zu lassen. Entscheidend hierbei ist: auf dem von ihm gewünschten Kommunikationskanal!
Er kann einen Tweet hinterlassen, seine Frage auf der Fanpage einstellen, eine Mail schicken oder anrufen – sofern er seine Frage generell noch beantwortet haben möchte.
Im Rahmen meiner Recherche sind zum Beispiel folgende klärungsbedürftigte Punkte aufgekommen:
- Wo finden Geschäftsleute einen Raum zum Arbeiten am Airport? Vielleicht sogar einen Co-Working Space auf Stundenbasis, was den Airport als Meeting Point darstellen könnte. Wo kann man an einem Flughafen faxen?
- Wieso ist der Parkplatz so teuer?
- Wieso ist das WLan kostenpflichtig?
- Wieso muss man so oft Laptop, Smartphone, Kamera samt Zubehör ein und auspacken?
- Wo finde ich Steckdosen am Flughafen?
- Wlan ist schön, aber wieso kann es keine IP-Telefonie? (Wichtig für Geschäftskunden)
Bekannte Mängel an deutschen Flughäfen:
- Keine Raucherspots in LHR
- Die Beschilderung in der Regel unzureichend
- Äußerst langwieriger Sicherheitscheck in FRA
- doppelte Kontrollen im Transit
- unzureichende Infostände / -personal, wo es welche Hotels in der Nähe gibt
- Verspätungen und Gate-Änderungen oftmals unzureichend
- Keine Ruhezonen, wo man arbeiten kann
- Es gibt keinen Raum für Dienstleister, wie mobile Masseure oder News Broker. Da nur wenig elektronische Geräte an Bord erlaubt sind – wäre die Nutzung von Cloud Diensten auf stationären Geräten wünschenswert
- Was ich persönlich noch feststellte: MUC hat zu wenig freie Steckdosen
Abschließendes
Die Synergie-Effekte in einer crossmedialen Lösung liegen auf der Hand und bieten noch weit viel mehrere Anwendungsbeispiele und Szenarien, als ich sie hier abbilden könnte.
Die Kombination aus der Kooperation mit ansässigen Airlines steht natürlich außer Frage. Nur ein ausschöpfendes Konstrukt wird nicht nur ein Serviceangebot bieten, es sollte zum Maßstab einer Branche heranwachsen.
Dazu könnte der Manager/das Tema z.B. auch mal selbst in den Flieger steigen und den Menschen andere Flughäfen Nahe bringen (Vorbild Quality Hunters von FinnAir). Wo bereits eine Kooperation mit einem Reiseveranstalter anbahnen könnte.
My 2 Cents
Die Möglichkeiten einen Flughafen eine „Nasenspitze“ nach vorn zu bringen sind teilweise unerschöpflich. Sicherlich hängen einige Lösungen von der Größe und dem Passagieraufkommen ab. Es hat sich auch schon einiges getan seit dem Winter, keine Frage – aber das Letzte, was ich in der Presse las war, dass Wlan an 2 Flughäfen vor free eingeführt wurden.
Es gibt sicherlich noch etliche Beispiele und Umsetzungen, die man ohne großen Aufwand anstreben kann. Es sollte nur mal jemand damit anfangen 😉
Interessanter Beitrag! Wir sollten uns zu diesem Thema mal zusammensetzen 🙂
2009 saß ich einer Projektgruppe eines durch EU-Fördermittel befeuerten Projekts, aus dem leider an meinem damaligen Heimatflughafen erstaunlich wenig gemacht wurde.
Leider ist das Basiselement (und der Hauptanreiz der beteiligten Airports) ein interner deutscher Wettbewerb unter dem schönen Titel „Kundenfreundlichster Flughafen Deutschlands“ plus beliebige Jahreszahl.
In den Projektgruppen wurden damals wirklich gute Ideen entwickelt, die von moderneren Raumnutzungskonzepten in den Terminals, über verbesserte Passierleitungssystem, bis hin zu verbesserten Trainings für Service-Personal reichten. Selbst im ersten Moment eher banal anmutende Dinge wie höhere Anzahl an Steckdosen, Tischarbeitsplätze, vernünftiger WiFi-Ausbau für die PAX-Aufenthaltsbereiche fanden dort Erwähnung.
Außer ein bisschen Farbe, viel gutem Willen und langen Gerede ist aber dann nichts großes passiert – leider.
Das können wir gern tun, Tobi. Leider habe ich vom besagten Airport auch keinerlei Antwort erhalten. Umso schlimmer finde ich es, dass dazu Arbeitszeit „missbraucht“ wird um in irgendwelchen Projektgruppen letztlich nichts umzusetzen. Ich finde es schade.
Es wäre in vielen Dingen eben recht simpel, den Flughafen zu einem Erlebnis zu machen. Ich denke, gerade „Vielreissende“ würden gewisse Serviceleistungen wirklich schätzen.
Flughafen als Erlebnis?
Nein, das brauche ich nicht.
Was ist mein Ziel? Ich möchte von A (z.B. mein Zuhause) nach B (Hotel, Strand, Kongressaal in B) und das möglichst schnell. Im idealen Flughafen verbringe ich gerade mal 15 – 20 Minuten, nämlich die Zeit, die ich brauche um vom Auto / Taxi / ÖV ins Flugzeug zu wechseln – oder am Ziel dann umgekehrt. Da brauche ich keinen Erlebnispark.
Da hin müsste meiner Meinung nach die Entwicklung gehen.
@Kai: gute Ansätze. Leider sehen sich die Flughäfen immer noch zu stark als Bushaltestelle, anstatt sich als eigenes Unternehmen, mit eigenen Werten und eigenem Service, zu profilieren.
@Franz: Klar, das Ziel ist es den Passagier möglichst stressfrei und schnell von A nach B zu bringen. Aber wie sieht es denn mit Stopovern aus, mit Verspätungen, mit Ausfällen, mit der Wartezeit? Es ist schließlich – heute – noch nicht möglich das alles zu ändern, sodass man quasi nur in die Kapsel einsteigen muss und dann gleich zum Zielort gebeamt wird. Wäre schön, ist aber utopisch. Klar, einen Erlebnispark will ich auch nicht. Aber etwas mehr darf es schon sein. Oder musstest du noch nie auf einem Flughafen quasi übernachten?
Zudem würden bessere Informationsmöglichkeiten, wie beispielsweise die Map-App für Flughäfen, sicherlich auch zu einem reibungslose(re)n Ablauf beitragen.